Paradox

 

Wenn ein Blinder die Übersicht verliert

Wenn ein Tauber das Gras wachsen hört

Wenn ein Lahmer die Beine in die Hand nimmt

Wenn einem Stummen das Wort im Halse stecken bleibt

 

Wenn man einem Vogel die Flötentöne beibringen will

Wenn ein Schreiner kein Holz vor der Hütte hat

 

Wenn ein Maler die Farbe verliert

Wenn einem Bäcker der Ofen ausgeht

Wenn ein Koch den Löffel abgibt

 

Wenn ein Mensch sich tierisch gut fühlt

Wenn ein Sprecher sprachlos ist

Wenn ein Musiker keine mehr Töne hat

Wenn ein Dichter nicht ganz dicht ist

 

 

Wenn wir uns nicht mehr über Wunder wundern können….

 

Gabriele Jöhren, 2015

Verwirrung                                                                                                

Stehen die Sterne auch gut

oder haben wir Chaos zu erwarten?

 

Die Astrologen haben Hochkonjunktur.

Viele suchen ihren Halt in fernen Prognosen.

 

Sie haben verlernt

ihre innere Stimme zu hören.

Der Blick für das Hier und jetzt geht verloren.

 

Dabei gibt es so viel zu sehen,

zu fühlen, zu leben.

Hier und heute ist die einzige Zukunft.

 

Vertrauen ist besser als Misstrauen.

Vertrauen auf die eigene Kraft

und auf die Führung des Himmels.

 

Und, dass wir immer zur rechten Zeit am rechten Ort sein werden.

 

Darauf gilt es zu achten,

darauf gilt es zu vertrauen.

Das ist es,

was wir hier immer wieder lernen sollen.

 

Denn alles ist gut.

 

Gabriele Jöhren, 2013

 

 

 

Einen Raum schaffen

 

Einen Raum schaffen

Eine Heimat bieten

Zuhause sein

Bei sich selber

Einen Raum schaffen

Mit anderen zusammen

Wo alle Gefühle sein dürfen

Wo Trauer sich ausdrücken darf

 

Einen Raum schaffen

Wo sich Schleusen öffnen

Und plötzlich das Leben wiederkommt

Leben unter der Kruste des Totschweigens

 

Einen Raum schaffen

Für alle verlorenen Träume

Für die Sehnsucht nach Heimat

Für das Suchen nach Verständnis

Für die verpassten Chancen

Für die enttäuschenden Freundschaften

Für all das Alleingelassensein

 

Einen Raum schaffen

Wo die Tränen sein dürfen

Und der Trost der anderen dich trägt

Und wo du Mut bekommst für Morgen

 

 

 

Gabriele Jöhren, 2001